Wie freie Heilberufe werben dürfen

Schöne bunte Werbewelt: Viele Ärzte, Zahnärzte, Psychologen, Therapeuten, Apotheker oder andere Angehörige der Heilberufe schauen vermutlich neidisch zu ihren Kollegen in den USA. Denn diese dürfen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten alle Register des Marketings ziehen: Rabatte, abwertende Vergleiche, Heilversprechen und die Nutzung von Superlativen sind dort ebenso erlaubt wie drastische Bilder mit Vorher- / Nachher-Vergleichen. In Deutschland dagegen galt im Gesundheitsmarkt viele Jahrzehnte lang ein nahezu komplettes Werbeverbot. Diese Zeiten sind zwar vorbei, aber es gibt weiterhin strenge Auflagen. Was jetzt erlaubt ist, und wo die Grenzen der Werbung für medizinische Angebote sind, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Für jeden Mittelständler ist Werbung selbstverständlich. Doch auch wenn zum Beispiel Ärzte mit eigener Praxis wie ein Unternehmer denken, Ausgaben für Miete oder Personal haben oder sich im Wettbewerb um Patienten gegen andere niedergelassene Mediziner behaupten müssen – die falsche Werbung kann schnell zu berufsrechtlichen Konsequenzen führen. Denn zusätzlich zu den Berufsordnungen der Ärzte- und Zahnärztekammern gelten das Heilmittelwerbegesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Diese untersagen den Heilberufen jede Werbung, die irreführend, anpreisend oder vergleichend ist. Und sie verlangen, dass Patienten nur inhaltlich zutreffende und allgemein verständliche Informationen erhalten sollen. Das klingt zwar schwammig, ermöglicht mittlerweile aber doch deutlich mehr werbliche Kommunikation als früher.

Das Ende des Kittelverbotes

Das Schalten von Anzeigen war Heilberufen lange nur zu „besonderen Anlässen“ erlaubt. Dies führte dazu, dass zum Beispiel Ärzte mit Anzeigen in der Tageszeitung lediglich auf die anstehende urlaubsbedingte Praxisschließung hinweisen durften. Wie streng die Werbebeschränkungen für Ärzte waren, zeigt auch das „Kittelverbot“. Es untersagte Medizinern, sich im Arztkittel zum Beispiel auf ihrem Werbeflyer oder der Homepage zu zeigen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes im Frühjahr 2007 ist dies jetzt erlaubt. Und auch andere Werbeformen werden seitdem gestattet.

Erlaubte Werbemaßnahmen:
zum Beispiel

  • ƒLogo & Corporate Design
  • Visitenkarten, Briefpapier & Terminkarten
  • Webseite
  • Poster, Werbeflyer & Broschüren in der Praxis
  • Wartezimmer-TV
  • Radio-und Fernsehwerbung
  • Anzeigen in Online- und Printmedien
  • Tag der offenen Tür
  • Kunstausstellungen in den Praxisräumen
  • Pressemitteilungen
  • Kultur- und Sportsponsoring
  • Fahrzeugwerbung
  • Praxisschilder
  • Hinweise auf Ortstafeln
  • Give-aways
  • Werbung auf Einkaufswagen im Supermarkt
  • Geburtstagsglückwünsche an Patienten
  • Terminerinnerungen & Wiedereinbestellung auf Wunsch der Patienten
  • Werbung mit Testimonials

Und: Bilder von Krankheiten oder Vorher-Nachher-Vergleichen sind auch gestattet. Die bildliche Darstellung darf aber nicht missbräuchlich, irreführend oder in abstoßender Weise erfolgen

Verbotene Werbemaßnahmen:
zum Beispiel

  • Postwurfsendungen
  • Unaufgeforderte Wiedereinbestellung von Patienten
  • Verteilen von Werbemitteln auf der Straße
  • Werbemails
  • Telefonakquise
  • Angebote von Rabatten oder Aktionspreisen
  • Werben mit Geld-zurück-Garantien
  • Werbemaßnahmen, die sich an Kinder unter 14 Jahren richten

Abgrenzung Werbung und Information

Auch bei den erlaubten Werbemaßnahmen gilt, dass sie weder reißerisch formuliert noch in bunter Baumarkt-Optik sein dürfen. Im Vordergrund sollte immer die sachliche Vermittlung von Informationen stehen. Somit sind Übertreibungen und Superlative wie „Die beste Zahnärztin der Stadt“ genauso tabu wie auffällige Preisangaben in der Praxisbroschüre. Untersagt sind zudem Erfolgszusagen wie zum Beispiel in der Anzeige einer Klinik, die mit dem Satz warb „Es gibt keine hoffnungslosen Fälle!“ (LG Bochum, Urt. v. 21.08.2014 – 312019/14).

Umsicht ist auch gefragt bei der Bezeichnung der Praxis. Ärzte dürfen nur mit ordnungsgemäß erworbenen Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen nach den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern werben. Kunstbegriffe wie „Männerarzt“ sind also tabu. Ebenso wenig darf eine einfache Praxis als Zentrum, Institut oder Klinik auftreten.

Testimonials ja, Promis nein!

In der freien Wirtschaft werden positive Aussagen von Testimonials gerne in die Werbemaßnahmen eingebunden. Auch Heilberufe dürfen dies mittlerweile in dezenter Form, zum Beispiel als Patienten-Dankesschreiben auf der Webseite. Weiterhin unzulässig ist jedoch das Bewerben von Heilmitteln mit Prominenten.

Auf die Positionierung kommt es an!

Wie bei jedem Unternehmen in der Marktwirtschaft gilt auch für Freiberufler in Heilberufen: Die Positionierung entscheidet über den Erfolg. Denn nur wer genau weiß, welche Leistungen welche Patienten ansprechen, und wie das Marktumfeld aussieht, wird sich über ein gesundes Wachstum freuen können.

 

Ein Beispiel für die zeitgemäße Gestaltung von Corporate Design & Webseite für Heilberufe sehen Sie hier am Beispiel einer Praxis für Psychotherapie.

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