Marketingkolumne DER-Mittelstand. 03/2021 Spielen, damit nicht der Arzt kommt von Siegbert Mattheis

Gamification, Serious Games, Infotainment …

Gamification, die Nutzung des menschlichen Spieltriebs für die Kommunikation, ist inzwischen auch in Verbänden, Unternehmen und sogar in Behörden angekommen. Warum funktioniert Gamification?

Es hat lange gedauert, da Gamification nur als bloße Spielerei angesehen wurde, die nichts in ernsthaften Branchen oder Themen zu suchen hatte. Für einen „seriöseren“ Touch haben sich daher auch Bezeichnungen wie „Serious Games“ oder „Infotainment“ etabliert.

Aber inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Gamification – wenn sie gut gemacht und durchdacht ist – perfekt dafür geeignet ist, Inhalte einfacher, schneller und effektiver zu kommunizieren. Typische Einsatzgebiete sind Mitarbeiterschulung und -motivation, Kundenbindung oder Lern-Anwendungen. Und selbst im Gesundheitswesen kann Gamification zum Genesungsprozess beitragen oder zumindest eine Verschlimmerung der
Krankheit aufhalten.

Warum funktioniert Gamification?

Gamification basiert auf einer alten Erkenntnis: Mit Spaß geht alles einfacher, sogar lernen. Eine spielerische Herangehensweise weckt positive Emotionen. Diese sorgen dafür, dass wir Inhalte besser im Gedächtnis behalten. Je mehr Sinne am Lernprozess beteiligt sind, umso besser ist der Lernerfolg. Die Erinnerungsleistung beim reinen Lesen eines Textes liegt lediglich bei 10 Prozent. Wenn wir jedoch etwas selbst tun, z. B. etwas spielerisch ausprobieren, liegt die sogenannte Behaltensleistung bei 90 Prozent!

Erfolgreiche Gamification-Mechanismen sind z. B. Multiple Choice-Fragen (ggf. auf Zeit), Puzzles, Drag’n’Drop-Spiele.

Gamification-Beispiele

Re-Mission
Re-Mission ist ein Gründungsprojekt von Hopelab.org, einem sozialen Innovationslabor aus San Francisco. Das Videospiel motiviert junge Krebspatienten dazu, die oft unangenehme Behandlung einzuhalten.

Idee: Der Spieler steuert einen Nanoroboter, der durch den Körper eines Patienten reist und Krebszellen und andere Infektionen „tötet“, während er einem „Dr. West“ im Spiel die Symptome meldet. Ganz nebenbei bekommt der Spieler Informationen über Krebsbehandlungen – einschließlich Chemotherapie – und warum deren Einhaltung so wichtig ist. Dieses Spiel hat nachweislich dazu geführt, dass die jungen Patienten ein Gefühl von Selbstbestimmung und Kontrolle bekamen, was die Therapietreue erhöhte. Klinische Studien, die auf der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) basierten, zeigten einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den durch das Spielen hervorgerufenen Erregungs­zuständen und der Empfänglichkeit für das Behalten von Wissen über die Therapie und deren Einhaltung.So wird Ihr Gamification-Projekt erfolgreich

Kerngesund – Foodrevolution
Der gemeinnützige Verein „Haus Leben e. V.“ Leipzig betreut und berät über 2.000 Krebspatienten pro Jahr. Ein Schwerpunkt in der Prävention ist die Ernährung. Denn bestimmte Nahrungsmittel und Ernährungsgewohnheiten können das persönliche Risiko einer Krebserkrankung erhöhen. Das Problem: Kaum ein Patient hat Lust, die vorhandenen Diätempfehlungen bzw. Ratgeber zu lesen.

So entstand die Idee zu der App „Kerngesund – Foodrevolution“, in der alle Aspekte der gesunden Ernährung spielerisch vorgestellt werden. Die sachlichen Informationen lieferten ein kleines Team engagierter Ärzte und Experten für Ernährung, Onkologie und Psychologie. Designer und Programmierer entwickelten daraus 18 interaktive Spiele wie zum Beispiel das Krebs-Risiko-Monster, welches mit verschiedenen Lebensmitteln gefüttert werden kann.

Arzt-Patienten-Kommunikation
Diese App wurde initiiert vom Brustkrebsmagazin „Mamma Mia!“ mit dem Ziel, die Kommunikation zwischen Arzt und (Krebs)-Patientinnen zu verbessern. Denn diese gestaltet sich oft sehr schwierig, da der Arzt meist auf der rationalen Ebene argumentiert, während die Patientin sich auf der emotionalen Ebene befindet. Vor allem, wenn es sich um belastende Gesundheitssituationen wie Brustkrebs handelt, führt dies oft zu Missverständnissen auf beiden Seiten. Die App zeigt fünf typische Situationen in der Arztpraxis mit jeweils vier üblichen Reaktionen der Beteiligten. Interaktiv kann man herausfinden, welche Antworten gut oder schlecht sind und dabei Punkte sammeln. Die fachlich fundierten Erklärungen dazu stammen von einem Team aus Ärzten und Psychologen.

Mehr über Gamification

Mehr Gamification-Beispiele

Eine Zeichentrickfigur zeigt ein Diagramm mit beschrifteten Körperteilen wie Lunge und Blutkreislauf. Gamification-Elemente umfassen gesperrte Optionen, um den Lernfortschritt zu fördern.
Re-Mission: Der Spieler steuert einen Nanoroboter im Körper, der Krebszellen tötet.
Marketingkolumne DER-Mittelstand. 03/2021 Spielen, damit nicht der Arzt kommt von Siegbert Mattheis
Kerngesund – Foodrevolution: Wenn man krebsfördernde Lebensmittel auf das Krebsrisiko-Monster in der Mitte zieht, vergrößert es sich; bei krebsvorbeugenden Nahrungsmitteln wird es entsprechend auch wieder kleiner.
Marketingkolumne DER-Mittelstand. 03/2021 Spielen, damit nicht der Arzt kommt von Siegbert Mattheis
Situation 2: Die Patientin hat gerade die Diagnose Krebs erhalten. Sie weint und wirkt verzweifelt. Wie würden Sie als Arzt oder Ärztin reagieren? Je nach möglicher Reaktion, die Sie auf das Bild des Arztes ziehen, erhalten Sie eine Auswertung und sammeln Punkte.

So wird Ihr Gamification-Projekt erfolgreich

  1. Stellen Sie zu Beginn immer die Frage: Was soll am Ende als Information „hängen bleiben“?
  2. Daraus ergibt sich oft auch schon die Art der Spielmechanik und das verwendete Tool, ob Quiz, Puzzle, Memoryspiel, Drag‘n‘Drop-Game etc.
  3. Intrinsische Motivation ist immer stärker als extrinsische Motivation, also eine, die auf Belohnung abzielt
  4. Die Aufgabenstellung und Regeln müssen so einfach wie möglich sein (Usability)
  5. Schnelles Feedback motiviert zusätzlich
  6. Das Teilen der eigenen Lösungen innerhalb einer Community kann zusätzliche Motivation schaffen
  7. Mehrere Schwierigkeits-Levels erhöhen die Bereitschaft, sich länger mit dem Spiel zu beschäftigen. Aber beachten Sie das Flow-Moment, das heißt dass die Anforderungen immer nur ein klein wenig über den bisherigen Fähigkeiten liegen dürfen. Bei Überforderung droht Frust, bei Unterforderung Langeweile.

Gut zu wissen

Hier können Sie die Gamification-Anwendungen „Krebsrisikomonster“ und „Arzt-Patienten-Kommunikation“ online ausprobieren:
Gamification-Beispiel im Healthcare-Bereich
Gamification Arzt-Patienten-Kommunikation
Der Link zur App Re-Mission bei Hopelab: https://hopelab.org/product/re-mission/

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